DispoAkut schafft wichtige Ressourcen
Kooperationskonzept bringt Notfallpatienten mit weniger dringlichen Beschwerden in niedergelassene Praxen
Die Notaufnahmen an deutschen Kliniken sind am Limit. Weil dort immer häufiger Patienten mit Bagatellbeschwerden vorstellig werden, arbeiten die Einrichtungen nicht selten an der Belastungsgrenze. Ein neues Konzept könnte zukünftig für Entlastung sorgen. Im Modellprojekt „DispoAkut“, an dem auch die Zentrale Notaufnahme (ZNA) des Klinikums Ansbach teilnimmt, können Patienten mit weniger dringlichen Beschwerden während der gängigen Praxisöffnungszeiten direkt an niedergelassene Haus- und Facharztpraxen vermittelt werden.
„Patienten und Patientinnen, die selbstständig in die Notaufnahme kommen, werden zunächst von speziell ausgebildetem medizinischen Fachpersonal untersucht und eingeschätzt. Wird festgestellt, dass eine Behandlung im Krankenhaus nicht zwingend ist, wird geprüft, ob eine Weiterbehandlung in einer angeschlossenen Arztpraxis möglich ist“, erklärt Chefarzt Dr. Tobias Hübner. Nach dem RoMed Klinikum Rosenheim nimmt das Klinikum Ansbach als zweite Einrichtung in Bayern an einer sechsmonatigen Machbarkeitsstudie der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in Berlin teil.
„Mit dem Angebot, ambulant behandelbare Patienten direkt vom Tresen der Notaufnahme in nahegelegene Praxen weiterzuleiten, sollen zwei Ziele erreicht werden: Zum einen wird die Notaufnahme entlastet, damit sie sich voll auf die Notfallversorgung konzentrieren kann. Zum anderen können sich Patienten während der Praxisöffnungszeiten oftmals lange Wartezeiten in Notaufnahmen ersparen. Eine solche effiziente Arbeitsteilung zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern steht auch im Mittelpunkt der geplanten Notfallreform. Deswegen wollen wir an verschiedenen Standorten evaluieren, wie gut die vorgesehen Prozesse unter Alltagsbedingungen funktionieren und welches die Erfolgsfaktoren einer verbesserten medizinischen Arbeitsteilung sind. Ländliche Räume können sich dabei von Ballungsräumen unterscheiden“, sagt Dr. Dominik von Stillfried, Vorstandsvorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Für das Projekt stellt das Zi auch die Software SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland).
„Wir benötigen grundsätzlich mehr Pfeile im Köcher, um an vielen Punkten in der Gesundheitsstruktur flexibler zu werden“, ist Chefarzt Dr. Hübner überzeugt. „DispoAkut ermöglicht es uns, Patienten noch vor Behandlungsbeginn in die geeignete Versorgungsstruktur im Gesundheitssystem zu lenken. In der Notaufnahme werden dadurch wichtige Ressourcen für kritisch kranke Patienten geschaffen.“
Liegt eine Empfehlung zur vertragsärztlichen Behandlung vor, erhalten die Patienten das Angebot, sich unmittelbar in einer nahegelegenen Haus- oder Facharztpraxis behandeln zu lassen. Stimmen diese zu, werden sie über eine spezielle Software direkt dort angemeldet. Die Patienten werden dort selbst vorstellig, ein Kontakt über die Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116 117 entfällt.
„Dieses interessante Konzept zur intersektoralen Versorgung wird von uns gerne unterstützt“, betont ANregiomed-Vorstand Dr. Gerhard M. Sontheimer. „Nur knapp über 30 Prozent der ZNA-Patienten müssen auch stationär aufgenommen werden. Wenn es uns gelingt, einen Teil der ambulant vorstelligen Patienten gleich zur Behandlung in den niedergelassenen Bereich zu bringen, sorgt dies für eine wesentliche Entlastung. Und es hat auch Vorteile für den Patienten, denn der Haus- oder Facharzt kann umgehend die weitere Behandlung einleiten und bestmöglich steuern.“